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Eine Schulmauer in Granada, Nicaragua

Blättert man im Reiseführer für Nicaragua, bekommt man Bilder eines tropischen Paradieses, eines artenreichen Regenwaldes voller exotischer Tiere, weißer Sandstrände, von Palmen und glasklarem Wasser geboten. Doch das ist nur eine Seite von Nicaragua. Der kleine Staat, der nicht einmal doppelt so viele Einwohner wie Berlin zählt, ist nach Haiti das zweitärmste Land Südamerikas. Die dort herrschende Schulpflicht kann durch die frappierende Armut im Land nicht flächendeckend gewährleistet werden. Und dort, wo in den Armenvierteln doch eine Schule steht, wurde sie durch viel Engagement der Eltern und anderer Privatpersonen errichtet und in Betrieb genommen.

 „Privatschulen“ sind in Nicaragua also nicht etwa Eliteschulen für die oberen Zehntausend, sondern in der Regel Einrichtungen, um in den Favelas die dringend notwendige Schulbildung für die dort lebenden Kinder gewährleisten zu können. Auch im Armenviertel Granadas, der drittgrößten Stadt des Landes, steht eine solche, notdürftig errichtete Schule, mit der Ourchild e.V. seit nunmehr einem Jahr in Kontakt steht. Ein einfaches Gebäude, halboffen, mit Wellblech gedeckt. Mehr ist es nicht. Und doch bietet die Schule die Möglichkeit auf eine bessere Zukunft für etwa drei bis vier Schulklassen. Gegründet wurde sie von Erwind Roque, einem ehemaligen Polizisten, der sich besonders um die Kinder und Jugendlichen im Viertel kümmern sollte. Zentrales Problem: Ohne die Gelegenheit, einen geregelten Tagesablauf zu haben, ohne Bildung und ohne Perspektive waren die Kinder den Großteil des Tages auf sich allein gestellt. Und so beschloss Erwind Roque, mit aller Kraft für eine Schule in diesem ärmsten Stadtteil Granadas zu kämpfen und dies zu seiner Lebensaufgabe zu machen. Er begann ein Studium und wurde Sozialarbeiter. Mit der Unterstützung vieler engagierter Eltern konnte die Schule schließlich gebaut, eingerichtet und in Betrieb genommen werden.

Dennoch ist die Kriminalität in den Favelas hoch. Und auch die kleine Schule bleibt nicht verschont. Das einfache Gebäude ist nicht einbruchsicher und so verschwinden regelmäßig die für den laufenden Betrieb essentiellen Unterrichtsmaterialien, Geräte und sogar Schulmöbel. Um den Kindern eine sichere Umgebung und kontinuierlichen Unterricht bieten zu können, wurde deshalb beschlossen, die Schule mit einer massiven Mauer einzufrieden. Dass dieser Bau allerdings mit durchaus hohen Kosten verbunden ist, die die kleine Schule nicht allein tragen kann, liegt auf der Hand. Und so nahm Schulleiter Erwind Roque Kontakt zu Ourchild auf und schilderte sein Problem.

Daraufhin wurde das Projekt auf der Jahreshauptversammlung von Ourchild vorgestellt. Dabei durfte ein genauer Bau-, Zeit- und Finanzplan, bereitgestellt durch Erwind Roque, nicht fehlen. Der Entschluss, der kleinen Schule zu helfen, stand schnell und so wurden bereits an diesem Tag 750€ an Spenden und somit mehr als die die Hälfte der benötigten 1600€ durch die anwesenden Mitglieder zugesichert.

Ein Jahr später: Inzwischen konnte Ourchild mit Hilfe vieler weiterer Spender den Betrag von 1100 € nach Nicaragua überweisen. Oberste Priorität dabei war immer, sicherzustellen, dass das Geld auch dort ankommt, wo es gebraucht wird. Unter den Augen Erwind Roques und einiger Lehrerinnen konnte das Geld schließlich übergeben werden und ist nach einigen bürokratischen Wirren sicher und in voller Höhe bei den Verantwortlichen angekommen.

Dem Bau der Mauer steht finanziell also nichts mehr im Wege. Aus organisatorischer Sicht müssen jetzt noch Steinlieferanten und Arbeiter, die die massive Mauer bauen können, gefunden werden. Auch die nächtliche Überwachung der Baustelle, muss gewährleistet werden, damit die noch unbefestigten Steine nicht gestohlen werden. Nun ist Erwind Roque vor Ort an der Reihe, den Bau zu planen, zu organisieren und zu koordinieren. Dabei ist er angehalten, Ourchild regelmäßig nachzuweisen, wofür das gesammelte Geld genau verwendet wird, damit der Bau zielführend ablaufen kann und die Kinder bald sicher lernen können.

Sofia Orfanidis

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