Der interkulturelle Garten in Apolda
Frei nach dem Sprichwort: „Es wächst mehr in einem Garten als man gesät hat“, bewirtschaftet Ourchild e.V. seit 2015 einen interkulturellen Garten für und mit Geflüchteten und Apoldaer Bürgerinnen und Bürgern in der Glockenstadt. Mit Hilfe des Bundesprogramms „Demokratie Leben“ und dem Lokalen Aktionsplan Weimarer Land sind auch finanzielle Mittel gesichert. Neben heimischen und orientalischen Pflanzen soll hier nämlich vor allem eines wachsen: Der interkulturelle Austausch, die soziale Zusammenarbeit und vielleicht sogar Freundschaften.
Wie kann Integration gelingen? – Eine Frage, die scheinbar mehr Probleme aufwirft, als sie zu lösen vermag. Ourchild e.V. findet aber abseits von politischen Debatten eine einfache Antwort: Mit Hingabe und einer Aufgabe. Beides fördert und bietet der interkulturelle Garten. Hier kommt man zusammen, klärt Fragen, sät und erntet, hier lacht man gemeinsam und tauscht sich aus.
Im März dieses Jahres, als die ersten Pflanzen bereits Knospen trieben, startete auch das Projekt nach einer Winterpause wieder voll durch. Ourchild e.V. übernahm die Pacht des Gartens von der Diakonie. Die Projektlotsen Stefanie Formann und Mohammad Sharif Hejran kümmerten sich darum, neue Mitstreiter und Mitstreiterinnen für das Gartenprojekt zu gewinnen. Dazu nahmen sie Kontakt mit dem Förderverein Integration e.V. auf, informierten die Diakonie/Tafel in Apolda und führten Gespräche mit dem Verein Bildung, Beratung, Beschäftigung e.V. (kurz: bbb e.V.).
Mit vereinten Kräften und der Unterstützung der Jugendlichen der Johannis Landenberger Schule in Weimar und ihrem Betreuer Christoph Schaffarzyk konnte das Gartenhaus des interkulturellen Gartens entrümpelt werden. Und auch die Kleingarten-Nachbarn ließen es sich mit ihrer teils jahrelangen Erfahrung nicht nehmen, mit anzupacken, um den Garten saat- und setzfähig zu machen.
Schließlich wurde das Projekt auch von drei jungen Afghanen unterstützt, die gern im Garten mitarbeiteten und ihn instand hielten. So erwachte der interkulturelle Garten langsam aus seinem Winterschlaf und wurde wieder Treffpunkt für Familien, Ort der Entspannung und des Austausches. Gemeinsam mit den Unterstützern und Kooperationspartnern merkte man aber bald, dass die Projektarbeit im Garten auch ihre Tücken hat. Erfreuliche Nachrichten, wie die Vermittlung von Geflüchteten in neue Jobs oder deren Teilnahme an Deutschkursen ließen die Gartenarbeit ins Stocken geraten. Der verregnete Sommer trug sein Übriges dazu bei, dass viele engagierte Mitglieder sich neuen Interessensgebieten zuwendeten.
Das Projekt an dieser Stelle zu beenden lag nahe. Doch den Garten aufzugeben hieße auch, vielversprechende Integrationsarbeit aufzugeben. Und so konnte das Projekt schließlich doch u.a. mit Hilfe des neuen ehrenamtlichen Projektlotsen Khwaja Abdul Rahim Baeedi und Jugendlichen im Rahmen eines Aktion Mensch Projektes mit viel Engagement weitergeführt werden. Seit August helfen wieder Geflüchtete bei der Gartenarbeit mit und auch die Jugendlichen vom bbb e.V. sind weiterhin dabei.
Jetzt sind Apoldaer Bürgerinnen und Bürger und Geflüchtete aus der Umgebung gefragt, Menschen mit Know-how bei der Gartenarbeit, Lust am interkulturellen Beisammensein und Hingabe bei der Pflege der Pflanzen. Denn im hoffentlich goldenen Herbst muss der Garten winterfest gemacht werden. Er soll langfristig Ort der Begegnung sein und dazu beitragen, dass Geflüchtete und Apoldaerinnen und Apoldaer sich annähern und kennenlernen. Und vielleicht kann im kommenden Sommer schließlich die Frage beantwortet werden, ob Kichererbsen auch in Deutschland wachsen.
Sofia Orfanidis